Montag, 29. Juni 2015

13 Prozent für die Frauen in der Türkei. Feministische Überlegungen zu den Parlamentswahlen am 7. Juni

Von Corinna Eleonore Trogisch

Der bahnbrechende Wahlerfolg der HDP ist eine gute Nachricht für alle DemokratInnen, Linken und Mehrfachdiskriminierten in der Türkei. Insbesondere alle Frauen hätten mit dieser Wahl gewonnen, meinte der Co-Vorsitzende und HDP-Spitzenkandidat Selahattin Demirtas. Doch inwiefern ist der Erfolg der HDP ein Gewinn für sie, wohlmöglich auch für die AKP-Anhängerinnen, gerade im Kontext alltäglicher Erfahrungen Vieler mit sexualisierter bzw. männlicher Gewalt? Wie ist es um die Partizipation der Geschlechter im türkischen Parlament bestellt? Welche Chancen eröffnen sich nun für feministische Kämpfe vor dem Hintergrund der erfolgreichen kurdischen Frauenbewegung, welche die politische Landschaft in den vergangenen Jahren ordentlich aufgemischt hat? Aus feministischer Sicht gibt es aber auch Widersprüchliches und Problematisches in der Entwicklung der HDP als breites links ausgerichtetes gesellschaftliches Bündnis.


Donnerstag, 25. Juni 2015

Die Türkei nach den Wahlen – Politischer Autoritarismus und kapitalistische Dynamiken

Von Errol Babacan

Das Scheitern des Präsidialsystems bedeutet noch keine demokratische Wende. Der Autoritarismus ist in den kapitalistischen Dynamiken verwurzelt. Die etablierten Parteien versprechen Kontinuität. Ob der Erfolg der HDP einen Schritt zur Unterbrechung darstellen kann, steht zu befragen.

Mittwoch, 10. Juni 2015

Erdoğan verliert, HDP gewinnt Parlamentswahlen in der Türkei – Eine Wahlnachtanalyse

Von Murat Çakır
Die Türkei hat gewählt. Diese Parlamentswahlen stellen in der 13-jährigen AKP-Ära eine eindeutige Zäsur dar. Jetzt steht es fest: in der Türkei wird nichts mehr so sein, wie es bisher war. Das zeigte sich schon während der Wahlkampfphase. Die Entscheidung des Linksbündnisses HDP (Demokratische Partei der Völker) anstatt mit unabhängigen Kandidat_innen erstmals als Partei an diesen Wahlen teilzunehmen und gleichzeitig das Bestreben des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğans, diese Wahlen quasi zu einem Referendum für sein autoritäres Präsidialsystem umzuwandeln, hat diese Wahl zu einer Schicksalswahl gemacht.

Montag, 27. April 2015

Der Völkermord an den Armeniern: Eine offene Wunde

Von Sungur Savran

Entgegen der klassischen Erzählung, die die Verantwortung für den Genozid in der „Konstruktion einer türkischen Identität“ sucht, muss gefragt werden, warum die besagte Identität gerade in diesem historischen Moment so dominant geworden ist. Auf die türkische und kurdische Linke kommt die Aufgabe zu, mit den Hauptverantwortlichen für das barbarische Verbrechen abzurechnen. Die Komplizenschaft des Deutschen Reichs macht es dagegen zur Aufgabe der deutschen Linken, Druck auf ihre Regierung für die Öffnung der Archive und die Anerkennung auszuüben.

Der 24. April und die Eigentumsfrage

Von Utku Deniz Sirkeci

Was bei der Debatte um den 24. April zu kurz kommt, ist die Frage nach den Besitztümern. Dabei lautet eine der ersten Fragen, die einem von der türkisch-offiziellen Version der Geschehnisse aufgedrängt wird: Wenn die gefährlichen Ereignisse, die von den Armeniern ausgingen, sich hauptsächlich an den Grenzen des Reichs abspielten, warum wurde dann die Vertreibung aus den inneren Regionen betrieben? Ein Edikt vom 10. Juni 1915 gibt Aufschluss.