Donnerstag, 1. Juni 2017

Freie Wissenschaft in der Türkei unter Druck: Solidarität muss praktisch werden!

Workshop und Diskussionsveranstaltung – Mittwoch, 7. Juni – Universität Kassel

Das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Regierungen in der Türkei war niemals von Vertrauen geprägt. Die Freiheit der Wissenschaft wurde immer wieder drastisch beschnitten, dies galt vor allem für die Zeit nach dem Militärputsch im Jahr 1980. Das Problem hat sich jedoch unter der 13-jährigen Herrschaft der islamistisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) dramatisch zugespitzt.

Wissenschaftler*innen, die einen Friedensaufruf unterzeichneten, der die militärische Eskalation im kurdisch geprägten Südosten der Türkei verurteilte, sahen sich in den letzten Monaten mit dem Vorwurf der „Terrorpropaganda“ konfrontiert. Der Friedensaufruf mit dem Titel „Wir werden uns nicht an diesem Verbrechen beteiligen“ wurde von mehr als 1000 Wissenschaftler*innen von 90 Universitäten unterzeichnet. Auch unter ausländischen Intellektuellen gab es zahlreiche Unterstützer*innen, wie etwa Noam Chomsky und Judith Butler. Von der türkischen Regierung wurde den Unterzeichner*innen vorgeworfen Teil einer „Fünften Kolonne“ zu sein. Sie wurden aufgrund der vermeintlichen Verbreitung „terroristischer Propaganda“ angeklagt. Einige der involvierten Akademiker*innen wurden festgenommen während der größte Teil der Unterzeichner*innen aus dem Universitätsdienst entlassen wurden.

Dieser Workshop hat das Ziel, praktikable konkrete Lösungen für unsere Kolleg*innen, die ihre Beschäftigung verloren haben, zu entwickeln. Daher werden wir folgende Fragen in den Mittelpunkt stellen: Was können deutsche Universitäten tun? Und konkreter, was kann die Universität Kassel tun? Welche Möglichkeiten bieten sich im Hinblick auf die große Anzahl geflüchteter Akademiker*innen? Der Workshop wird alle relevanten Akteure mit einbeziehen, dazu zählen Gewerkschaften, Stiftungen, türkische und deutsche Akademiker*innen sowie Mitglieder der Universitätsverwaltung. Wir wollen über einfachen Austausch hinausgehen und konkrete Brücken der Solidarität bauen.

Auf der Abendveranstaltung werden die Berichte türkischer Kolleg*innen zur aktuellen Situation in der Türkei sowie ihre Strategien zum Aufbau alternativer Hochschul- und Bildungsnetzwerke im Fokus stehen.

Programm:

Mittwoch, 7. Juni

14:00-17:00 Uhr: Workshop

Solidarität muss praktisch werden! Austausch von Strategien zur Unterstützung verfolgter Wissenschaftler*innen
[auf Englisch, ggf. mit Flüsterübersetzung ins Deutsche und Türkische]

14:00-14:30 Begrüßung und Einführung

14:30-15:45 parallele Workshops:

Welche Unterstützungsmöglichkeiten und –formen gibt es bereits?
Austausch zu guten Praxisbeispielen und Information über Ansprechpartner*innen
Netzwerke der Solidarität vor Ort aufbauen und nutzen:
Austausch zu guten Praxisbeispielen und Information über Ansprechpartner*innen

16:00-17:00 Uhr Unser Leitfaden für gelebte Solidarität:

Zusammenführung der konkreten Handlungsmöglichkeiten und Strategien einzelner Hochschulstandorte und gewerkschaftlicher Netzwerke
Danach gibt es die Möglichkeit zum Austausch bei Kaffee, Kuchen und Obst.
Ort: Raum 0105/0106 im ASL 1, Universitätsplatz 9

Teilnehmende:
- Andreas Keller, Vizepräsident ETUCE/Bildungsinternationale und stellvertretender Vorsitzender der GEW
- Ayfer Sen, Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg/Max-Jarecki-Stiftung
- Christoph Scherrer, Leiter des International Centre for Development and Decent Work (ICDD) der Universität Kassel
- Dr. Andreas Weber, Abteilungsleiter Bildung, Baden-Württemberg-Stiftung

18:00-20:00 Uhr: Podiumsdiskussion

Berufsverbote und alternative Strategien politischer Hochschulbildung in der Türkei: Erfahrungsberichte von Kolleg*innen
[Englisch mit Übersetzung ins Deutsche]

Grußwort: Andreas Keller, Vizepräsident ETUCE/Bildungsinternationale und stellv. Vorsitzender der GEW; AStA (N.N.)

Diskussionsveranstaltung mit:

Dr. Latife Akyüz (Goethe Universität Frankfurt /Academics for Peace)
Dr. Mehmet Ruhi Demiray (Universität Siegen/ Kocaeli Academy for Solidarity)
Dr. Mehmet Rauf Kesici (Universität Duisburg-Essen/Kocaeli Academy for Solidarity)

Ort: Hörsaal 3, Campus Center, Moritzstr. 18, Kassel

Veranstalter: Regionalverband Hochschule und Forschung der GEW Nordhessen

Unterstützer*innen: AStA Uni Kassel, AG Berufsverbote Kassel der GEW Hessen, DGB Jugend Nordhessen, Infobrief Türkei, Initiative zur Solidarität mit den türkischen Akademiker*innen Kassel, International Center for Development and Decent Work der Uni Kassel (ICDD)